DDR-Platte wird aufgehübscht

 

40 neue Wohnungen entstehen in dem alten Wohnblock im Wernigeröder Stadtfeld. Der Block stand jahrelang leer, sollte abgerissen werden, wird nun aber von der GWW modernisiert.

 

Ein Dröhnen durchdringt die vormittägliche Stille im Wernigeröder Wohngebiet Stadtfeld. Mit einem Presslufthammer stemmen Bauarbeiter die Fugen eines Wohnblocks im Walther- Grosse-Ring frei. Der Fünfgeschosser, der seit Jahren leersteht, wird seit August von der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft (GWW) modernisiert. Sechs Millionen Euro investiert das städtische Unternehmen in den Umbau.

 

Die überdachten Treppen vor den Hauseingängen 22 bis 25 sind bereits abgerissen und liegen in Trümmern vor dem Gebäude. Die Füllung zwischen den einzelnen Platten des Hauses werde ebenfalls entfernt – nicht unbedingt aus  baulichen, aber aus gesundheitlichen Gründen, erläutert GWW-Chef Christian Zeigermann. „Zu DDR-Zeiten wurde Morinol-Kitt verwendet. Und der soll krebserregend sein, wie sich inzwischen herausgestellt hat.“

 

Die Arbeiten an dem alten Plattenbau laufen bislang nach Plan, so Zeigermann. „Wir sind gerade am Entkernen.“ Zudem seien die Keller ausgeschachtet worden. Die Wände werden später gedämmt.

 

Der Zeitplan, den sich das Wohnungsunternehmen gesetzt hat, ist straff. Schon am 6. Dezember soll die Musterwohnung eingeweiht werden, im Juli 2022 der erste Hauseingang bezugsfertig sein. Die anderen drei jeweils einen Monat später. Insgesamt 40 moderne Wohnungen sollen in dem alten DDR-Block entstehen. 16 weniger als zuvor, wie Christian Zeigermann sagt. „Wir wollen Wohnraum für Senioren, aber auch für Familien mit Kindern schaffen“, so der GWW-Chef. Deshalb würden die Ein-Raum-Wohnungen mit den Drei-Raum-Wohnungen zusammengelegt. Geplant sind acht Wohneinheiten mit vier Räumen, 22 mit drei Räumen sowie zehn Zwei-Raum- Wohnungen. „Meine Philosophie ist es, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu berücksichtigen“, sagt der GWW-Chef. Die Nachfrage nach Wohnraum sei groß – vor allem bei jungen Familien. Und nicht jeder könne oder wolle in ein Einfamilienhaus am Stadtrand ziehen. Dieser Nachfrage wolle die GWW nachkommen.

 

Barrierearme Wohnungen

 

Dabei war das Schicksal des Wohnblocks eigentlich schon besiegelt. Der Plattenbau sollte abgerissen werden. Doch Zeigermann, der die GWW seit Anfang 2020 leitet, schwenkte um. „Ein Abriss hätte uns keine wirklichen Vorteile gebracht“, begründet er die Kehrtwende. „Wir hätten den Lärm von der Straße in den Innenhof geholt, das wäre kein Mehrwert für die anderen Häuser gewesen.“ Die Grundrisse der 1980er-Jahre-Plattenbauten im Stadtfeld seien gut durchdacht gewesen, was ihre Funktionalität angehe. „Es war nicht alles schlecht“, sagt Zeigermann. „Was sie damals allerdings nicht hatten, war gutes Baumaterial.“

 

Die neuen Wohnungen sollen nun so barrierearm wie möglich gestaltet werden. Die Hauseingänge seien über eine Rampe zugänglich, ebenso das Kellergeschoss. Zudem werde an jeden Eingang ein Aufzug angebaut. Die Balkons an der Vorderseite werden abgerissen. „Sie sind zu schmal. Da passt kein Tisch für vier Leute drauf“, sagt Zeigermann. Deshalb werden sie durch größere Anbauten ersetzt. „Die neuen Balkons haben allesamt eine Milchglasbrüstung, so dass zwar Licht in die Wohnung fallen kann, der Balkon von außen aber nicht einsehbar ist.“ Als „schönes Give-away“ – also Geschenk – bezeichnet Zeigermann die Bestückung der Balkons mit Blumenkästen. Vor dem Gebäude sind 20 Parknischen geplant. Darunter zwei mit E-Ladestation, die in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken installiert werden.

 

Innenhof beleben

 

Parallel zur Modernisierung des Wohnblocks wird bei der GWW über die Gestaltung des Innenhofes nachgedacht. „Wir haben eine Landschaftsplanerin beauftragt, einen Masterplan für die Grünflächen in den drei Wohngebieten Burgbreite, Harzblick und Stadtfeld zu entwickeln“, informiert der GWW-Chef. Die Innenhöfe – so seine Vorstellung – sollen später die Aushängeschilder der Wohnquartiere werden. „Im Moment ist es doch so: Wenn man aus dem Fenster schaut, sieht man eine öde Rasenfläche. Wir wollen Orte schaffen, in denen etwas Spannendes passiert.“ Spielflächen, Hochbeete, Nischen zum Verweilen, Urban Gardening, Mulden und Hügel – „eben Plätze zum Verweilen, die der Freifläche eine neue Qualität verleihen“, so Zeigermann. „Als städtisches Unternehmen wollen wir da Vorreiter sein und einfach mal was versuchen.“

 

Der Innenhof hinter dem Wohnblock im Walther-Grosse-Ring 22 bis 25 soll den Auftakt für die Grünflächenoffensive bilden. „Wir prüfen gerade, inwieweit wir 2022 dort eine erste Basis schaffen können. 2023 geht es dann weiter.“ Fortgesetzt wird auch die energetische Sanierung der umliegenden Blocks. Diese sei laut Zeigermann nicht ganz so aufwendig wie eine Modernisierung, und damit auch nicht so teuer. „Unser Ziel ist es, das Quartier systematisch durchzuarbeiten und dann abzuschließen.“

 

 

Quelle: Harzer Volksstimme vom 11.09.2021